Das GGS Oberstufentheater präsentiert: Der gute Mensch von S.

„Ein guter Mensch sein! Ja, wer wär’s nicht gern? Sein Gut den Armen geben, warum nicht? Doch leider sind auf diesem Stern eben die Mittel kärglich und die Menschen roh. Wer möchte nicht gern in Fried und Eintracht leben? Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.

[Brechts Dreigroschenoper, Peachum, 1.Finale]

 

 

Gesellschaftliche und politische Krisen gab es zu Zeiten Bertolt Brechts (*1898 – 1956) ganz offensichtlich: beide Weltkriege, die goldenen 20er, aber auch die Weltwirtschaftskrise fallen in seine Lebenszeit. Der Beginn des 21.Jh gilt als hart, brutal, menschenunwürdig, tödlich und doch ab und an hoffnungsvoll…

Und heute: Wir hier leben in Frieden, haben dank gesicherte Grund- und Menschenrechte alle Freiheit, die Arbeitslosigkeit sank in Deutschland im April 2019 auf 4,9%, wir setzen auf Mobilität, Vernetzung, Digitalisierung, sind stolz auf demokratische Errungenschaften und erleben dennoch einen politischen Rechtsruck, die Tendenz zum Egoismus, müssen zusehen, wie Menschen auf der Flucht sind, in Angst und Schrecken ums tägliche Überleben kämpfen, hungern…

Wie also lässt es sich leben in dieser Welt? Wie geht es unserem Gewissen?

Unsere Brecht-Collage bezieht sich hauptsächlich auf Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“. Um die Szenerie an eine Thematik anzupassen, mit der sich auch unsere Schüler eher identifizieren können, haben wir uns von der Tabakindustrie (der gute Mensch von Sezuan) verabschiedet und uns der „Der Heiligen Johanna der Schlachthöfe“ bedient, womit die Fleischproduktion den Hintergrund für unsere Handlung bildet.

Unsere Protagonistin Jeanne (Francesca Rolf) ist selbst arm und doch empathisch für andere. So ist sie die Einzige, die 3 umherreisenden Göttern (Luis Müller, Carla Reibel, Antonia Buske) einen Platz zum Übernachten anbietet und somit von diesen den Stempel „guter Mensch“ erhält – und etwas Geld. Mit diesem kommen sie und ihr kleiner Foodtruck in der Nähe der Fleisch- und Dosenwurstfabriken erst einmal über die Runden. Doch der Auftrag der Götter „gut zu sein und doch zu leben“ stellt sie immer wieder auf die Probe: da ist die obdachlose Familie Alber, die nicht nur in ihrem kleinen Wohnwagen leben, sondern sich auch noch von ihr durchfüttern lassen möchte. Und da ist der junge arbeitslose Trucker Rudi (Leonard Hartenstein), in den sich Jeanne Hals über Kopf verliebt und der dringend Geld braucht. Einen Ausweg sieht sie nur in einer Lüge: sie erfindet eine Cousine, Johanna Dark (in Doppelbesetzung: Amelie Munsch und Isabel Schreiber), welche die harten Entscheidungen treffen soll, welche sie selbst nicht in der Lage ist zu vollziehen. Kann das gut gehen?

Und uns stellt sich die Frage, was eigentlich erstrebenswerte menschliche Eigenschaften sind in der heutigen Zeit? – Denn: „Erst muss, bevor die Welt sich ändern kann, der Mensch sich ändern.“