Neue GGS-Rektorin: Amtsantritt unter erschwerten Bedingungen

Veronika Knüppel, die neue Schulleiterin des Goldberg-Gymnasiums, schwärmt vom “unglaublich breiten Angebot” der Schule

Veronika Knüppel ist seit 1. August Chefin des Goldberg-Gymnasiums Sindelfingen (GGS). Ihr Vorgänger Bernhard Kees ist seit 1. Mai offiziell im Ruhestand, war aber vorher schon über ein Jahr lang krank. Abhanden gekommen ist der Neuen der Stellvertreter: Holger Seitz ist jetzt selbst Schulleiter in Stockach.

Veronika Knüppel ist in Ravensburg aufgewachsen und hat an der Uni Konstanz Germanistik und Romanistik studiert. So geradlinig, wie das klingt, war der Weg nicht. “Nach dem Abi war ich zwei Monate in einem Kloster in Frankreich”, erzählt die 50-Jährige. Dann schraubte sie in einem Unternehmen in Ravensburg Schalter zusammen. Sie liebäugelte mal mit einem Medizinstudium, dann mit einem Zeitungsvolontariat. Da nimmt es nicht wunder, dass sie Verständnis für junge Menschen aufbringt, die nach dem Schulabschluss nicht auf Anhieb wissen, was sie werden wollen. Veronika Klüppel entschied sich am Ende für ein Studium der Germanistik, der Philosophie und der russischen Linguistik. Bei der Germanistik blieb sie, paarte sie mit der Romanistik, warf den Rest über Bord und steuerte das Lehramt an. “Ich bin da so reingerutscht”, sagt sie – und setzt hinzu: “Und das war gut so.”

Doch ehe Veronika Knüppel in den Schuldienst ging, versuchte sie es mit einer wissenschaftlichen Karriere. Sie promovierte in französischer Sprachwissenschaft. “Doch an der Uni fehlte mir das pralle Leben”, sagt sie. Also begann sie 1999 in Stuttgart das Referendariat. Sie unterbrach es nach der Geburt einer Tochter ein Jahr lang und schloss es schließlich 2002 ab. Seit 2004 unterrichtete sie am Königin-Charlotte-Gymnasium in Stuttgart-Möhringen Deutsch und Französisch. Die letzten fünf Jahre war sie dort Abteilungsleiterin und gehörte damit zum Schulleitungsteam.

Die Unterrichts- und Schulentwicklung sei ihr ein großes Anliegen gewesen. In Arbeitskreisen feilte das Kollegium daran. In diesen Sitzungen habe sie gemerkt, sagt Veronika Knüppel, dass ihr die Kommunikation mit anderen und das Gestalten Spaß machen. “Und das Echo von anderen zeigte mir, dass ich mit Menschen gut zurechtkomme.” Diese Erfahrungen waren Ansporn für sie, sich um eine Schulleiterstelle zu bewerben.

Vize-Schulleiter Holger Seitz leitet jetzt Gymnasium in Stockach

Seit Juli ist sie dabei, sich am GGS einzuarbeiten. Erschwert wird die Übergabe der Amtsgeschäfte dadurch, dass ihr Vorgänger Bernhard Kees krankheitsbedingt ewig gefehlt hat und jetzt auch noch Vize-Schulleiter Holger Seitz, der zusammen mit dem Schulleitungsteam den Karren über ein Jahr lang gezogen hat, das GGS verließ. Der 49-Jährige ist jetzt Leiter des Nellenburg-Gymnasiums in Stockach. Doch Dr. Veronika Knüppel ist zuversichtlich, dass sie das hinkriegt – mit der Unterstützung der Schulgemeinde, die ihr einen außerordentlich herzlichen Empfang bereitet habe. “Ich habe hier bereits viele Menschen erlebt, denen die Schule wirklich wichtig ist”, sagt sie.

Begeistert ist die neue Schulleiterin vom “unglaublich breiten Angebot” am GGS über den eigentlichen Unterricht hinaus: von den Theater-AGs für Unter- und Oberstufe, der Musical-AG, der English Drama Group, den Chor- und Orchester-AGs, vom Model United Nations of Goldberg (MUNoG), der Schüleringenieurakademie (SIA), der Robotik-Gruppe, dem Wettbewerb “Jugend debattiert”, den EU-Programmen Comenius und Erasmus+. Sie ist froh darüber, dass das GGS in Zeiten, in denen sich die Gymnasien mit neuen Projekten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gegenseitig überboten, seine Angebote im musischen und im gesellschaftspolitischen Bereich, das seit jeher sein Bild in der Öffentlichkeit prägt, nicht über Bord geworfen hat.

Die Neue im Rektorat hat nicht vor, das GGS völlig umzukrempeln. Aber sie weist auch darauf hin, dass Schulentwicklung ein fortwährender Prozess sei. Die Gymnasien generell müssten einen Weg finden, wie sie mit der immer heterogener werdenden Schülerschaft umgehen. “Wir müssen unsere Unterrichtsformen verändern”, sagt die neue Schulleiterin. “Wir erreichen im Moment viele Schüler mit unserem Unterricht nicht.” Doch dem individualisierten Lernen, wie es in jüngerer Vergangenheit sehr stark propagiert wird, seien Grenzen gesetzt: “Alle Schüler nach ihren jeweiligen Begabungen und Lerngeschwindigkeiten zu fördern und dabei die Klasse insgesamt voranzubringen, gleicht der Quadratur des Kreises.”

Von Werner Held, Kreiszeitung, 06. September 2018