„Äbtissin oder Magd – Entscheidungen machen Geschichte“

Wir lieben unseren Lth-Kurs und würden ihn gerne als 5-Stünder haben, denn kreative Prozesse liegen uns, wir planen, probieren aus, unterfüttern Überarbeitungen mit Theoriewissen, reflektieren, schreiben, schauspielern, lachen, spielen, proben und teilen uns so mit – wir lernen auf dem Boden in der Aula sitzend, im Kreis auf der Bühne stehend, auf den Knien schreibend … so oder so ähnlich könnte man eine alltägliche Lth- Stunde des J1 Kurses mit Frau Fritz beschreiben.

Doch letzte Woche haben wir uns „raus“ gewagt, waren gemeinsam in BB auf dem Marktplatz bei einem wunderbar außergewöhnlichen Theaterabend der Kunstschule DAT  – „Äbtissin oder Magd“ und durften erleben, dass Theater wahrlich ein „gesellschaftspolitisches Ereignis“ (Zitat Tobias Ballnus, Regisseur im Nachgespräch im Unterricht) darstellt.

Mit einer erfundenen Handlung über die Ereignisse zur Zeit des Bauernkriegs vor 500 Jahren – soll eine abgebrannte Mühle wieder aufgebaut werden, und wenn ja durch wen mit welchen Mitteln – wird der Zuschauer aktiver Teil des Theaterabends, denn wir haben den Fortgang der Handlung mitentschieden, haben mittels Kopfhörern den passenden Audiokanal einer der vier Bühnen ausgewählt, haben Sitzplätze gewechselt und uns nach jeder Szene „entschieden“, wie es nun weitergehen soll.

Dem Dramaturgie – Regieteam aus Tobias Ballnus und Tanja Frank ging es hierbei nicht um eine plumpe Nachbildung der damaligen Ereignisse als Schauspiel, sondern vielmehr um die Frage „was wäre der Bauernkrieg heute“ & „wie würde man sich heute einmischen“?  Und so entstand auch bei den Kostümen ein spannender Mix aus offensichtlich an die Bauernkriegszeit angelehnten Kostümelementen und Assesoires der Punk-Szene. Die Protestkultur wandelt sich stetig, ist abhängig von Thema, Gesellschaft, Zeit und Ort. Uns wird gerade in Zeiten, die politisch und gesellschaftlich mal wieder vor großen Herausforderungen steht, bewusst gemacht, wie wichtig die demokratischen Werte der Meinungs- & Versammlungsfreiheit sind, wie relevant es ist, nicht alles nur auf die Reichen und Mächtigen auszurichten, sondern auch Minderheiten zu achten, Menschlichkeit und Zumutbarkeit stets zu prüfen.

Dankenswerterweise kam zur Nachbesprechung des Theaterabends der Regisseur Tobias Ballnus am darauffolgenden Tag in den Unterricht, so dass wir nicht nur in lockerer Gesprächsrunde all unsere Fragen zur Stückentstehung stellen konnten und Einblicke erhielten in Inszenierungsprozesse, die uns sicherlich in den kommenden Monaten beim Verfassen unseres eigenen Kurs-Stückes helfen werden, sondern auch viel gelacht haben bei „Fange im Kreis“ als Abschluss.

Uli Fritz, Juli 2025